Ausführlicher Chronikteil aus Gemeinde und Pfarre

Zwischen den Weltkriegen

Die Wirtschaftskrise nach dem 1. Weltkrieg konnte nicht überwunden werden. Es kam zum Bürgerkrieg. Am 25. Juli 1934 wurde Bundeskanzler Dollfuß ermordet. Die im Herbst 1934 erlassene ständische Verfassung konnte auch keine Verbesserung bewirken. Nationalismus und Rechtsradikalismus fanden immer mehr Anhänger. Auch in unserer Gemeinde bildeten sich derartige Gruppen. Viele verzweifelte Menschen sahen im wortgewaltigen "Führer" Adolf Hitler die große Chance für eine Verbesserung ihrer Lebenssituation. Es war auch modern, auf dieser Welle zu schwimmen. Hitler wurde von den Nationalsozialisten geradezu vergöttert. Die Huldigung wurde auch dadurch zum Ausdruck gebracht, daß Straßen und Plätze nach Adolf Hitler benannt wurden. In unserer Gemeinde wurde eine Eiche zu Ehren Adolf Hitlers gepflanzt. Diese dürfte nach dem Krieg beseitigt worden sein.

Nach ergebnislosen Verhandlungen Bundeskanzler Schuschniggs mit Hitler trat der Bundeskanzler am 11. März 1938 zurück. Die wahre Katastrophe begann. Seyß-Inquart übernahm die Regierungsumbildung, die Nationalsozialisten kamen an die Macht. Jubelstimmung kam auf, alle führenden Positionen wurden durch Nationalsozialisten besetzt, die Macht wurde auf allen Ebenen übernommen. Deutsche Truppen marschierten in Österreich ein. Am 13. März verkündete Hitler in Linz, daß unser Vaterland ein Teil des Deutschen Reiches sei - der Name Österreich wurde ausgelöscht.

Die wenigen, die die wahre Absicht bereits damals richtig erkannt hatten, mußten ganz still sein, sonst war ihnen bereits eine schwere Bestrafung sicher. Die Propaganda kannte keine Grenzen. Die Plakate lauteten: "Der Führer rettet die Jugend", "Der Führer - Retter des Glaubens", "Hitler hilft den Armen", "Der Führer hilft den Bauern", "Ein Volk - ein Reich - ein Führer" usw.

Für die Volksabstimmung am 10. April 1938 über den Anschluß an Deutschland war man daher bestens gerüstet. Von den 585 in Ertl stimmberechtigten Personen gingen alle zur Abstimmung und stimmten alle mit "Ja". Ein solches Abstimmungsergebnis erscheint mir beinahe unmöglich, eine Farce, wie überall im Lande.

Mit dem Anschluß kam die Mark-Währung (1RM=1,50S). Das Standesamt wurde eingeführt. Diese Aufgabe hatte bisher die Kirche wahrgenommen. Die Kirchensteuer wurde eingeführt. Aus Niederösterreich wurde Niederdonau. Die Rechtsfahrordnung im Straßenverkehr trat am 3. Oktober 1938 in Kraft. Geldmünzen wurden durch Papiergeld ersetzt. Viele gesetzliche Feiertage wurden aufgehoben.

Der von Hitler versprochene Wirtschaftsaufschwung trat auch ein. Es gab wieder Arbeit und wurde wieder investiert. Dieser Wirtschaftsaufschwung galt aber hauptsächlich der Kriegsvorbereitung. Die Feindseligkeiten gegen Personen, die ihre arische Abstammung nicht nachweisen konnten, wurden immer mehr, die Repressalien gegen Regimegegner immer schlimmer. Für viele war nicht einmal der Kriegsbeginn ein Signal, diesem Regime den Rücken zu kehren.

PA